Herbert Mullin

geb. 1947

Land: USA

aktiver Zeitraum: 1972 - 1973

Morde: 13

Mullin, Herbert

Herbert Mullin wuchs in Santa Cruz als völlig normales Kind heran. In der Schule war er gut und bei Jungen wie Mädchen gleichermaßen beliebt. Überall galt er als derjenige, dem man für die Zukunft am meisten zutraute.

In seinem letzten Schuljahr verbarg sich unter der Maske des Sunnyboys aber bereits eine ganz andere Wirklichkeit - eine paranoide Schizophrenie ergriff von ihm Besitz. Beschleunigt wurde sein Verfall durch Experimente mit Marihuana und LSD. Nach dem Schulabschuss vollzog sich eine rapide Veränderung seiner Persönlichkeit. Er studierte am College, schaffte aber die Prüfungen nicht mehr. Eine Zeitlang versuchte er mit Perlenketten und langen Haaren die Mädchen auf sich aufmerksam zu machen. Weil er damit keine Sexualpartnerin fand, ließ er sich die Haare schneiden und lief wie ein Manager mit Anzug und Krawatte herum. Auch damit kam er nicht an.

Nach dem Scheitern jeder "Versuchsreihe" ließ er sich wiederholt in psychiatrischen Kliniken behandeln, wurde aber schnell wieder entlassen, da die Ärzte keine Gefährdung anderer oder seiner selbst feststellten. Er beschloss, dass es an der Zeit zum Heiraten war und machte Mädchen auf offener Straße oder bei Partys Heiratsanträge. Da sie ausnahmslos ablehnten, meinte er, er müsse wohl homosexuell sein. So suchte er von da an die Schwulenviertel von San Francisco auf und fragte Männer, ob sie mit ihm zusammenziehen würden. Die wollten freilich auch nichts von ihm wissen. Einmal stand er mitten im Gottesdienst auf und brüllte, das sei doch nicht das richtige Christentum. Danach studierte er Theologie - aber auch nicht sehr lange. Genauso wenig hielt er einen Versuch durch, Boxer zu werden. Eine Weile trainierte er fleißig, und in seinem ersten Kampf schlug er so fest zu, dass man ihm eine Karriere voraussagte, aber kurz danach hängte er die Boxhandschuhe an den Nagel.

Ein Jahr nach seiner Kriegsdienstverweigerung bewarb Herb sich bei der Army, doch er kam für keine Waffengattung in Frage. Schließlich durfte er bei der Marine die Grundausbildung absolvieren. Freilich ließ sich seine psychische Labilität nicht kaschieren, und als es um die Übernahme in ein reguläres Dienstverhältnis ging, wurde er mit einer kleinen Abfindung entlassen. Eine Weile lebte er mit einer älteren, ebenfalls psychisch kranken Frau zusammen. Nun interessierte er sich für östliche Mystik. In Hawaii wollte er seine Kenntnisse vertiefen, kam aber nicht sehr weit.

Inzwischen war er Mitte Zwanzig und zu einem Leben in der Gesellschaft völlig unfähig. Er hatte alles ausprobiert und passte nirgendwo hinein. Obwohl er sporadisch jobbte, blieb er nirgends länger als ein paar Wochen. Das zum Unterhalt nötige Geld schossen ihm weiterhin seine Eltern zu. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich seine paranoide Schizophrenie voll entwickelt. Schizophrene setzen Informationen aus ihrer Umwelt neu zusammen und verweben sie in einer Weise, dass ihre eigentliche Bedeutung völlig verzerrt und verfremdet wird.

Mullin hatte gehört oder gelesen, dass Kalifornien ein von Erdbeben bedrohtes Gebiet ist. Nun überlegte er, wie das verhindert werden könne. Daraus entwickelte sich die Wahnvorstellung, Kalifornien sei nur dank dem Vietnamkrieg von einem katastrophalen Erdbeben verschont geblieben; dort seien nämlich genug Menschenleben geopfert worden, will heißen: Die Natur verlangte für die Erhaltung der natürlichen Welt Blutopfer. Ab Oktober 1972 zog Amerika sich jedoch aus dem Vietnamkrieg zurück. Nun befürchtete Mullin eine schreckliche Katastrophe. Nach einem verheerenden Erdbeben würde das Meer Kalifornien verschlingen, falls nicht bald die Zahl der Menschenopfer erhöht würde. Aus diesem Grund, so erzählte Mullin später, habe sein Vater ihm per Telepathie befohlen, Menschenleben zu zerstören.

Mullins erstes Opfer war ein 45jähriger obdachloser Tramper. Mullin muss den Mann gesehen haben, der zu Fuß auf dem Highway unterwegs war. Er fuhr an ihm vorbei, parkte den Wagen am Straßenrand und machte sich unter der Motorhaube zu schaffen. Der Mann trat auf ihn zu und bot ihm seine Hilfe an, wenn er danach mitfahren dürfe. Mullin willigte ein. Während der andere sich über den Motor beugte, holte Mullin heimlich einen Baseballschläger aus dem Auto und schlug ihm den Schädel ein. Die Leiche schleppte er in einen nahe gelegenen Wald und fuhr davon. Sie wurde am nächsten Tag gefunden.

Zwei Wochen nach dem ersten Mord glaubte er den nächsten Auftrag zu hören. Diesmal sollte er die Hypothese von der zunehmenden Umweltverschmutzung überprüfen und herausfinden, wie nah das Erdbeben nun war. Folglich nahm er eine Tramperin mit und rammte ihr mitten im Fahren ein Messer in die Brust. In einem Wald zog er sie aus und schlitzte ihr den Unterleib auf. Da er annahm, er könne an ihren Organen den Grad der Umweltverschmutzung ablesen, schnitt er sie heraus und untersuchte sie. Der besseren Sicht halber hängte er sie an Zweigen auf. Die Tote wurde erst nach mehreren Monaten entdeckt.

An einem Donnerstag, vier Tage nach der Verstümmelung der jungen Tramperin, schienen Mullin Zweifel an seiner "Mission" zu plagen. In einer katholischen Kirche in der Nähe von Santa Cruz ging er beichten. Wie er später erklärte, erzählte er dem Priester alles von den Anweisungen bis hin zu den Morden. "Herbert", soll ihn der Pfarrer gefragt haben, "liest du die Bibel?" "Ja." "Und kennst du auch das Gebot, das besagt, du sollst Vater und Mutter ehren?" "Ja", antwortete Mullin. "Dann weißt du auch, wie wichtig der Gehorsam dem Vater gegenüber ist." "Ja." "Er ist so wichtig", sagte der Priester (laut Mullins Darstellung), "dass ich mich dir freiwillig als dein nächstes Opfer zur Verfügung stelle. "Mullin trat, schlug und stach auf den Priester ein, ließ den Verblutenden im Beichtstuhl liegen und rannte weg. Ein Gemeindemitglied sah das und eilte sogleich zu Hilfe. Der Priester starb jedoch, und Mullin entkam.

Mullin grübelte, ab wann in seinem Leben alles Schiefgelaufen war. Seine Gedanken kreisten um einen Mitspieler in der Footballmannschaft, der ihm den ersten Marihuana Joint angeboten hatte. Zwar hatte er sich den Drogenkonsum später wieder abgewöhnt, doch führte er seine Probleme nun ausschließlich darauf zurück.

Anfang Januar 1973 fuhr er in einen Außenbezirk von Santa Cruz, in dem der Mannschaftskamerad damals gelebt hatte. Er fand das Haus und klopfte an. Dort wohnte aber mittlerweile ein Rauschgiftdealer mit seiner Familie. Von dessen Frau erfuhr Mullin, dass sein Freund ein paar Häuser weiter gezogen war. Laut seiner Darstellung drängte sie sich ihm dann zusammen mit ihren zwei Kindern als Opfer förmlich auf. Er erschoss sie alle. Nur der Mann entging ihm.

Nach dem Blutbad klopfte Mullin bei dem ehemaligen Mannschaftskameraden an. Kaum hatte der ihn hereingebeten, kam es zum Streit. Auch dieser Mann handelte mit Drogen; überall lag Zubehör offen herum. Mullin schoss ihn nieder, weil er auf die Frage, warum er ihm mit dem Pott das Leben ruiniert hatte, keine Antwort wusste. Mit letzter Kraft schleppte der Sterbende sich ins Badezimmer, wo seine Frau sich duschte. Er schrie, sie solle unbedingt absperren, doch Mullin brach die Tür auf und erschoss sie.

Einen Monat später stieß Mullin in einem Waldgebiet auf vier jugendliche, die dort kampierten. Was sie hier trieben wollte er wissen. Sie zelteten, lautete die Antwort. Mullin gab sich nun als Forstaufseher aus und forderte sie zum Verschwinden auf. Zelten sei hier verboten. Außerdem würden sie den Wald verschmutzen. Die vier jungen Burschen vertrieben Mullin mit einem Karabiner Kaliber 22. Im Gehen rief er, er werde am nächsten Tag nachsehen kommen. Die Teenager ließen sich von seiner Drohung nicht beeindrucken und blieben. Am nächsten Tag kam Mullin zurück und erschoss sie mit ihrem Karabiner. Die Leichen wurden eine Woche später gefunden.

In der Zwischenzeit war Mullin endlich nach einer weiteren Bluttat gefasst worden. Irgendwie fiel ihm ein Hispanoamerikaner auf, der auf der anderen Straßenseite vor seinem Haus Unkraut jätete. Mullin wendete, fuhr heran, hielt an und schoss den Mann vor den Augen eines Nachbarn nieder. Dieser notierte die Autonummer, während Mullin in aller Seelenruhe davonfuhr. Über den Polizeifunk wurde sofort die Fahndung eingeleitet. Kurz danach bemerkte ein Streifenbeamter Mullin in seinem Auto und winkte ihn an den Straßenrand. Mullin ließ sich widerstandslos verhaften.

Mullins Geisteszustand war auch vor Gericht nicht zu übersehen. Die ganze Zeit über musste er in Ketten gelegt werden, und ständig reichte er ellenlange Erklärungen ein, die mit dem Verfahren nicht das Geringste zu tun hatten. Der logische Zusammenhang zwischen seinen dreizehn Morden existierte nur in seinem kranken Gehirn. Trotzdem sahen ihn die Geschworenen zum Zeitpunkt seiner Bluttaten als zurechnungsfähig an. Er wurde in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu lebenslänglicher Haft verurteilt.


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