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In der Goutte d`Or, einer engen Passage in den Slums von Montmartre, lebten zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts vier Brüder mit Namen Weber: Pierre, Leon, Charles und
Marcel. Alle vier waren verheiratet, hatten Kinder und lebten Tür an Tür. Wie man sich unschwer vorstellen kann, war das Leben im Slum sehr hart, von Krankheiten gezeichnet und die
Kindersterblichkeit lag weit über dem Landesdurchschnitt. Jeanne Weber, die Frau von Marcel, hatte bereits zwei ihrer drei Kinder verloren, als sie am 2. März 1905 von Pierres Frau gebeten wurde, ein
paar Stunden auf ihre beiden kleinen Mädchen, Georgette und Suzanne, aufzupassen, weil sie zum Waschsalon wollte. Madame Pierre hatte soeben die erste Maschine gefüllt, als eine Nachbarin in den
Salon gestürzt kam und aufgeregt berichtete, Georgette müsse plötzlich krank geworden sein, sie habe sie ganz merkwürdig keuchen und röcheln hören. Die beiden Frauen eilten in die Wohnung zurück und
fanden Jeanne, wie sie das 18 Monate alte Kind in den Armen hielt und seine Brust massierte. Georgettes Gesicht war blau angelaufen und sie hatte Schaum vor dem Mund. Die Mutter klopfte ihr auf den
Rücken, bis die Kleine wieder normal atmete, dann eilte sie zurück zum Waschsalon. Als sie eine Stunde später wieder nach Hause kam, war Georgette tot.
Da keinerlei Verdacht auf Jeanne Weber fiel, die offensichtlich alles ihr nur mögliche zur Rettung des Kindes getan hatte, baten Madame und Monsieur Pierre sie neun Tage später erneut um den
Gefallen, in ihrer Wohnung zu verweilen und die ihnen verbliebene zweijährige Tochter Suzanne zu beaufsichtigen. Als sie am späten Abend zurückkamen, fanden sie auch das zweite Kind tot vor.
Auch Suzannes Gesicht war blau angelaufen und auch sie hatte Schaum vor dem Mund. Der Arzt, der beide Leichname untersuchte, entdeckte leichte Druckstellen an den Hälsen der Kinder, aber die Polizei
meinte keinerlei Anzeichen für einen unnatürlichen Tod feststellen zu können. So attestierte der Arzt schließlich widerwillig den zweifachen Tod aufgrund einer Verkrampfung der Atemwege.
Am 25. März hütete Jeanne das Kind ihres Schwagers Leon, die sieben Monate alte Germaine. Als die Großmutter im Stockwerk darüber das Kind schreien und röcheln hörte, eilte sie in die Wohnung
hinunter und stellte entsetzt fest, dass die Kleine verzweifelt um Atem rang, während sich auf ihrem Hals rötliche Flecken abzeichneten. Sie beruhigte das Kind, rieb ihm den Rücken und bald war
Germaine wieder hergestellt. Noch immer fiel keinerlei Verdacht auf Jeanne und nachdem sie auch den nächsten Nachmittag mit dem Kind verbracht hatte, war die Kleine tot. Diesmal diagnostizierte der
Arzt als Todesursache Diphtherie. Nur wenige Tage später, Germaine war gerade beerdigt worden, starb Jeannes eigener siebenjähriger Sohn Marcel an Atemnot. Und am 5. April fand die Frau von Charles
Weber ihren sieben Monate alten Sohn Maurice auf dem Bett liegend vor, blau im Gesicht, Schaum vor dem Mund und kurz vor dem Ersticken. Sie hatte ihn nur für einen kurzen Moment bei Jeanne
zurückgelassen um Einkäufe zu erledigen. Madame Charles aber ließ die Sache nicht auf sich beruhen. Sie hatte rote Druckstellen am Hals ihres Sohnes entdeckt, bezichtigte Jeanne, sie habe ihren Sohn
zu erwürgen versucht, schnappte sich das Kind und brachte es ins Hospital Brétonneau. Nachdem Dr. Saillant die Flecken am Hals untersucht und zweifelsfrei als Würgemale identifiziert hatte,
informierte er die Polizei. Inspektor Coiret wiederum fand schnell heraus, dass schon drei Jahre zuvor zwei von Jeanne Weber betreute Kinder, Lucie Alexandre und Marcel Poyatos, an Atemnot gestorben
waren und ließ die unheimliche Babysitterin auf der Stelle verhaften. Jeanne Weber aber wies jegliche Schuld am Tod der Kinder entrüstet von sich.
Die Leichen von Goergette, Suzanne, Germaine und Marcel wurden exhumiert, aber die Druckstellen am Hals waren schon nicht mehr zu sehen. Der Pariser Gutachter Dr. Léon Henri Thoinot erläuterte in dem
am 29. Januar 1906 eröffneten, aufsehenerregenden und von der Bevölkerung mit Hass und Abscheu verfolgten Prozess gegen Jeanne Weber seine Überzeugung, dass die Kinder eines natürlichen Todes
gestorben seien. Seine Untersuchungen hätten keinerlei gegenteilige Beweise erbracht. So seien beispielsweise die Hyoidknochen, die im Falle einer Strangulation stets in Mitleidenschaft gezogen
würden, vollkommen unversehrt. Jeanne Webers Verteidiger, der renommierte Anwalt Henri Robert, brachte die wenig gebildeten Zeugen der Anklage mit verwirrenden Fragen und Unterstellungen
durcheinander, bis sie sich in Widersprüchen verfingen. Jeanne Weber wurde zum Entsetzen der Öffentlichkeit freigesprochen. Auch ihr Ehemann Marcel war längst von ihrer Schuld überzeugt und zog sich
von ihr zurück.
Jeanne Weber, die im Jahre 1875 als Tochter eines armen Fischers in der Normandie geboren wurde, hatte einige Jahre als Hausmädchen gearbeitet, bis sie schließlich 1893 nach Paris gegangen war, wo
sie ihren Ehemann kennen gelernt und drei Kinder zur Welt gebracht hatte. Die Frau, welche die Jahre der Ehe zur schweren Rotweintrinkerin hatten werden lassen, packte ihre Sachen und
verschwand.
Am 16. April 1907 kehrte der Hausherr eines heruntergekommenen Gutshofes in Chambon im Bezirk Idre, der verwitwete Vater dreier Kinder, Sylvain Bavouzet, von der Arbeit heim und fand seinen
neunjährigen Sohn Auguste krank im Bett liegend vor. Seine Haushälterin, Jeanne Moulinet, stand mit sorgenvollem Gesicht daneben und berichtete, der Junge habe sich übergeben, weil er zuviel gegessen
habe. Bavouzet schickte seine Tochter Louise ins nahe gelegene Städtchen Villedieu, um einen Arzt herbeizuholen, aber Dr. Papazoglou hielt einen Hausbesuch für überflüssig und gab dem Mädchen ein
Mittel für den Magen des Jungen mit. Einige Stunden später suchte Bavouzet den Arzt persönlich auf, da sich der Zustand des Jungen weiter verschlechtert hatte. Als die Männer den Hof erreichten, war
Auguste tot. Der Arzt entdeckte rote Druckstellen am Hals des Jungen und informierte die Polizei. Der zuständige Polizist aber, ein Beamter namens Charles Audiat, sah keinen Anlass für eine
gründliche Untersuchung des Falles und erklärte sich den Tod mit einer Meningitis. Germaine, das älteste der drei Kinder, hatte Madame Moulinet in Verdacht. Sie nutzte einen unbeobachteten Moment,
durchwühlte die Handtasche der ungeliebten Haushälterin und entdeckte einige Pariser Zeitungsausschnitte von der Verhandlung gegen Jeanne Weber, die, um unerkannt zu bleiben, inzwischen ihren
Mädchennamen Moulinet angenommen hatte. Germaine ging zur Polizei, beschuldigte Jeanne, ihren Bruder getötet zu haben und es kam zu einer zweiten Autopsie, bei welcher der Mediziner Frédéric Bruneau
zweifelsfrei feststellte, dass der Junge erdrosselt worden war. Jeanne Weber wurde zum zweiten Mal verhaftet, was für großes Aufsehen in der Bevölkerung sorgte. Der Anwalt Henri Robert und der
Mediziner Thoinot fürchteten um ihren Ruf. Robert übernahm kostenlos die Verteidigung Webers und Thoinot brachte es fertig eine zweite Untersuchung der Leiche um mehrere Monate hinauszuzögern, bis
keinerlei Beweise mehr für den Tod durch Erwürgen gefunden werden konnten. Er behauptete, Augustes Tod sei ganz eindeutig auf Wechselfieber zurückzuführen, woraufhin Richter Belleau die Anklage
fallen ließ.
Jeanne Weber ging nach Euville in der Nähe von Commercy. Sie lernte den Arbeiter Émile Bouchery kennen und bezog mit ihm ein billiges Zimmer zur Untermiete bei der Familie Poirot. Eines Abends hörten
die Poirots die verzweifelten Schreie ihres siebenjährigen Sohnes aus dem vermieteten Zimmer herüberdringen. Sie brachen die verschlossene Tür auf, aber es war zu spät. Marcel war tot, hatte Blut und
Schaum vor dem Mund. Neben der Leiche stand die ebenfalls blutverschmierte Jeanne Weber. Ein Arzt stellte zweifelsfrei fest, dass der Junge erwürgt worden war und sich in Panik die Zunge abgebissen
hatte.
Jeanne Weber wurde des Mordes für schuldig gesprochen, für unheilbar geisteskrank erklärt und in eine geschlossene Anstalt auf der Pazifikinsel Maré in Neukaledonien eingewiesen. Zwei Jahre später
wurde sie tot in der Anstalt aufgefunden. Sie hatte Schaum vor dem Mund und die Hände fest um den eigenen Hals geschlossen.